Retargeting im A/B-Test mit Google Analytics

Retargeting liegt voll im Trend. Laut einer nicht-repräsentativen BVDW-Studie verbreitet sich Retargeting, das auch als Re-Targeting, Re-Messaging oder Remarketing bekannt ist, rasend schnell. Der Grund dafür ist die überdurchschnittliche Performance, die Retargeting nachgesagt wird. Wenn die beworbene Marke stark ist, lässt sich ein CPO erreichen, der weit besser als im klassischen Display Marketing ist und durchaus mit dem des Performance Marketing Kanals Nr. 1, dem bezahlten Suchmaschinenmarketings, konkurrieren kann…

Doch handelt es sich bei den zahlreichen Conversions, die dem Retargeting zugeschrieben werden, tatsächlich um zusätzliche Conversions, oder hätten viele der Conversions ohnehin stattgefunden, auch ohne erneute Ansprache?

Inwiefern fördert Retargeting Wiederholungskäufe (Cross- und Up-Selling)?

Und führt Retargeting letztlich zu einer stärkeren Kundenbindung und einer Steigerung des Customer Lifetime Values?

Um diese Fragen beantworten zu können, muss vor dem Start der Retargeting-Aktivitäten ein A/B-Test aufgesetzt werden.1 Wie tatsächlich valide Ergebnisse erreicht werden können, bei denen sich die Gruppen lediglich darin unterscheiden, dass die eine mittels Retargeting beworben wird und die andere nicht, wird im folgenden am Beispiel von Google Analytics beschrieben.2

Der Google Analytics Code für die Website

Die folgenden Ausführungen basieren auf dem asynchronen Google Analytics Tracking. Der Standard-Code von Google Analytics sollte generell auf jeder Seite vor dem Tag eingebunden sein.

Auf allen Seiten, auf denen Retargeting-Codes eingefügt werden sollen, ist zusätzlich zu dem Analytics Code im ein weiterer Google Analytics Code zu ergänzen (vor dem ). Dieser sorgt dafür, dass nur ein Teil der Besucher geretargetet wird:3

A/B-Split-Testing mit Google Analytics

    01 <script type="text/javascript">
    02 _gaq.push(function() {
    03   var pageTracker = _gat._getTrackerByName();
    04   var group = pageTracker._getVisitorCustomVar(1);
    05   if((group != 'A') && (group != 'B')) {
    06     if(Math.random() < 0.7) { group = 'A'; } else { group = 'B'; }
    07     _gaq.push(['_setCustomVar', 1, 'testGroup', group, 1],
    08               ['_trackPageview', '/virtual']);
    09   }
    10   if(group == 'A') {
    11     document.write('<div id=\"cto_se_1234_ac\" style=\"display:none\">');
    12     document.write('<div class=\"ctoWidgetServer\"> ... <\/div>');
    13     document.write('<div class=\"ctoDataType\">sendEvent<\/div>');
    14     document.write('<div class=\"ctoParams\">wi=1234&pt1=0&pt2=1<\/div>');
    15     document.write('<\/div>');
    16   }
    17 });
    18 </script>
    19 <script type="text/javascript" src="criteo_ld.js"></script>

Zunächst wird überprüft, ob der Besucher bereits der Gruppe A oder B angehört (04-05). Ist dies nicht der Fall, wird er mit einer Wahrscheinlichkeit von 70 Prozent der Gruppe A zugeordnet, die mit Retargeting beworben wird. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 30% fällt er in die Gruppe B, die nicht mit Retargeting beworben wird (06). Eine neu erfolgte Zuordnung wird Google Analytics mitgeteilt und dauerhaft zu dem Besucher gespeichert, so dass der Besucher auch bei späteren Seitenaufrufen und Besuchen solange in derselben Gruppe verbleibt, wie er seine Google Analytics Cookies nicht löscht (07-08).

Handelt es sich nun um einen Besucher der Gruppe A, werden die Retargeting-Codes (hier beispielhaft ein Code von Criteo in grüner Schrift) ausgeliefert (10-16).4

Saubere Daten in Google Analytics

Da die Zuordnung von Besuchern zu Testgruppen bei der Verwendung des oben stehenden Codes zusätzliche virtuelle Pageviews erzeugt (08), die sowohl die Gesamtanzahl der Seitenaufrufe als auch die Absprungraten verfälschen, müssen diese aus den Google Analytics Daten herausgefiltert werden. Hierzu empfiehlt es sich ein zusätzliches Profil anzulegen und auf dieses einen Filter anzuwenden, der alle Zugriffe auf das Unterverzeichnis “/virtual” ausschließt. Das gefilterte Profil enthält dann die korrekten Daten.

Analyse der Ergebnisse

Schon nach einigen Stunden, spätestens aber nach zwei Tagen, kann die Zuordnung der Besucher zu den Testgruppen in Google Analytics unter “Besucher” » ”Benutzerdefinierte Variablen” eingesehen werden:

Wartet man nun ab, bis die Retargeting-Kampagne tatsächlich läuft, dann lassen sich unter den Report-Tabs “Website-Nutzung” und “E-Commerce” die Gruppen direkt hinsichtlich der folgenden KPI vergleichen:5

  • Seiten/Besuch
  • Durchschnittlicher Besuchszeit auf der Website
  • % Neue Besuche
  • Absprungrate
  • Umsatz
  • Transaktionen
  • E-Commerce-Conversion-Rate

Tiefer einsteigen kann man durch das Anlegen von zwei erweiterten Segmenten – “Retargeting” und “Kein Retargeting”.6 Mit ihrer Hilfe können sämtliche Auswertungen in die beiden Testgruppen aufgesplittet werden (hier exemplarisch ein Auszug aus dem E-Commerce-Report “Besuche bis zum Kauf”):

Besuche bis zum Kauf in Google Analytics

Ich empfehle die Auswertung über einen Mindestzeitraum von einem Monat, beginnend frühestens einen Monat nach dem Retargeting-Start. Entscheidend ist, dass das Retargeting schon eine Weile läuft und in beiden Gruppen ausreichend belastbare Daten aufgelaufen sind. Auf jeden Fall sollte untersucht werden:

  • Wie viele zusätzliche Transaktionen sind durch Retargeting erzielt worden (gewichtete Transaktionen von “Retargeting” minus gewichtete Transaktionen von “Kein Retargeting”)?
  • Angenommen viele der Retargeting-Conversions hätten auch ohne Retargeting stattgefunden: Hat das Segment “Kein Retargeting” alternative Kanäle zu Retargeting verwendet und welche Kosten haben diese veursacht?7
  • Wie sieht jeweils die Neukundenquote aus?

Nach frühestens einem halben Jahr kann die Auswirkung von Retargeting auf die Kundenbindung und den Customer Lifetime Value untersucht werden:

  • Wie unterscheidet sich die Anzahl der Orders pro Kunde (führt Retargeting zu mehr Folgebestellungen von Bestandskunden)?
  • Wie wirkt sich Retargeting auf die Höhe der Warenkörbe aus?
  • Mittels weiterer Tests: Steigert Retargeting die Kundenbindung dauerhaft (auch ohne weiteres Retargeting) oder nur temporär (solange Retargeting läuft)?

Je länger der Test läuft, umso mehr Erkenntnisse können gewonnen werden. Allerdings sollte man als Werbetreibender nicht vergessen, dass man auch fortlaufend darauf verzichtet, einen Teil seiner Besucher mit Retargeting zu bewerben (und einem damit womöglich auch zusätzlicher Gewinn entgeht).

Ableitung von Retargeting-Zielwerten

Das Ziel der Analysen müssen Zielwerte sein, die die Werbewirkung von Retargeting widerspiegeln. Stellt man fest, dass 20% der Orders, die bislang dem Retargeting zugeschrieben worden sind, auch ohne Retargeting über direkte Zugriffe stattfinden, dann sollte diese Erkenntnis bei der Zielwertermittlung entsprechend berücksichtigt werden. Gleiches gilt natürlich auch für weitere Erkenntnisse: Ein besonders niedriger Neukundenanteil korrigiert einen Ziel-CPO nach unten, ein nachweisbar gesteigerter Customer Lifetime Value korrigiert einen Ziel-CPO nach oben, usw.


1 Grundsätzlich kann hier auch jedes andere Web Analytics System mit Segmentierungsmöglichkeiten genutzt werden. Die Segmentbildung anhand der Information, ob jemand schon einmal über den Klick auf ein Retargeting-Werbemittel auf die Seite gelangt ist, reicht nicht aus, da die Postview-/Branding-Effekte von Retargeting ignoriert würden.

2 Wird der A/B-Test erst nach dem Retargeting-Start aufgesetzt, sind bereits zahlreiche Website-Besucher vom Retargeting-Anbieter mit Cookies markiert (und werden daher geretargetet).

3 Damit der A/B-Test erfolgreich sein kann, ist es absolut wichtig, dass wirklich jeder Retargeting-Code in diese Weiche integriert ist. Schon ein einzelner Retargeting-Code außerhalb der Weiche kann zur Verwässerung der Testgruppen führen.

4 Der spezielle Criteo-Loader befindet sich zwar außerhalb des Test-Codes, übermittelt aufgrund seiner Programmierung aber nur dann Daten an Criteo, wenn der Besucher der Gruppe A zugeordnet ist und die Zeilen 11-15 daher ausgeführt worden sind.

5 Bei einem Gruppenzuordnung von 70 zu 30 sind Umsatz und Transaktionen zu gewichten.

6 Für das Segment “Retargeting” lautet die Regel des erweiterten Segments: “Name der benutzerdefinierten Variable 1″ = “testGroup” und “Wert der benutzerdefinierten Variable 1″ = “A” (Segment “Kein Retargeting” entsprechend).

7 Hier bieten sich womöglich die Multi-Channel Funnel Analysen an.

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